Als das EM-Finale zwischen Spanien und England abgepfiffen wurde, schaute ich, der BILD-Reporter, von meinem Platz oben auf der Tribüne sofort runter zu Harry Kane (30). Der Bayern-Star schlich von der Bank geschockt aufs Spielfeld, hielt sich immer wieder fassungslos die Hände vors Gesicht. Es war der wohl bitterste Abend seiner Karriere. Er wollte endlich seinen großen Traum realisieren – doch er erlebte seinen nächsten Albtraum.
Bereits nach gut einer Stunde wurde er ausgewechselt. Auch er muss gesehen haben, dass das Spiel der Engländer ohne ihn plötzlich besser wurde – prompt fiel der Ausgleich durch Palmer. Auch er jubelte natürlich auf der Bank. Aber die Tatsache, dass er als Kapitän seine Mannschaft in diesem Finale sportlich nicht helfen konnte, muss ihm unendlich wehtun. Hilflos sah er mit an, wie seine Kollegen vier Minuten vor Schluss den K.-o.-Schlag kassierten.
Trainer Gareth Southgate gab anschließend auf der Pressekonferenz die Probleme seines Kapitäns zu: „Harry hatte am Saisonende eine Verletzung (Rücken, d. Red.). Er hat viele Minuten gespielt. Er hat das Team unglaublich gut angeführt. Wir hatten nur wenige Anführer, da lag viel auf seinen Schultern. Wir wollten mehr Bewegung haben, daher der frühe Wechsel.“
Zu der Zeit war Kane schon auf dem Weg durch die Katakomben in den Mannschaftsbus. Als erster Engländer lief er durch die Mixed Zone, wo die Interviews durchgeführt werden, mit gesenktem Kopf und verbittertem Gesichtsausdruck an den Journalisten vorbei. Als er an mir wortlos vorbeilief, konnte ich einen Blick in seine Augen erhaschen. Sie waren voller Starre, Leid, Fassungslosigkeit. Er wirkte für mich wie ein gebrochener Mann. Ich dachte sofort daran, wie es für ihn weitergehen soll. Dieses Kane-Gesicht muss schließlich auch den Bayern Angst machen.
Wie schnell wird er sich von diesem Schlag erholen? Kane wird in zwei Wochen 31 Jahre alt – und noch immer hat er keinen Titel in seiner Karriere geholt, dafür jetzt schon vier Endspiele verloren (2x EM-Finale, 1x Champions-League-Finale, selbst das Supercup-Finale). Hinzu kommt seine Fitness. In dieser Verfassung ist er auch Bayern keine Hilfe. Ich denke, diese wird er in den nächsten Wochen zurückerlangen, dafür ist er einfach zu professionell. Aber der seelische Schmerz wird noch lange bleiben …