Der frühere Stuttgarter Coach wartet mit Hull City in der zweiten englischen Liga noch immer auf den Brustlöser – und fordert von seinem Team Mut und Überzeugung.
Seine erste Trainerstation im Ausland hatte Tim Walter mit viel Euphorie und Schwung angetreten. „Wir surfen auf derselben Welle, es passt perfekt“, sagte der 48-Jährige bei seiner Vorstellung als neuer Chefcoach des englischen Zweitligisten Hull City im Sommer. Er möge den englischen Fußball, so der frühere Trainer des VfB Stuttgart und des Hamburger SV, der Job sei für ihn die perfekte Herausforderung.
Einige Monate später ist ein guter Schuss Ernüchterung eingekehrt. In der Liga ist das Team in den ersten vier Saisonspielen mit drei Remis und einer Niederlage noch nicht so recht aus den Startblöcken gekommen, zudem war im ELF-Cup früh Schluss. Zählt man die sechs sieglosen Testspiele der Vorbereitung dazu, wartet Walter auf der Insel nun schon seit elf Partien auf das ersehnte erste Erfolgserlebnis.
Vor allem in der Offensive hapert es noch, nach vier Ligaspielen stehen erst zwei Tore zu Buche. „Enttäuscht“ sei er, sagte Walter in den vereinseigenen Medien nach dem jüngsten 0:2 im Yorkshire-Derby bei Leeds United um dessen deutschen Trainer Daniel Farke. „Wir brauchen mehr Mut, um hier zu gewinnen. Wenn du die volle Überzeugung hast, kannst du hier gewinnen.“ Noch aber greifen die Rädchen im von Walter präferierten dominanten Ballbesitz-Fußball nicht nahtlos ineinander.
Auch in den Medien steigt der Druck allmählich. Die „Hull Daily Mail“ hatte einen „entspannten“ Sieg für Leeds gesehen und konstatierte mit Blick auf Walters Mannschaft: „Manchmal war es schwer zu erahnen, was der Plan war.“ In der XXL-Liga mit 24 Teams liegt Hull derzeit auf Rang 19 – die letzten drei Mannschaften stiegen ab, die ersten beiden steigen direkt auf, jene auf den Plätzen drei bis sechs spielen Play-offs.
Diese hatte Hull als Siebter in der Vorsaison knapp verpasst. Zwischen 2008 und 2017 war der Club von der englischen Ostküste mit Unterbrechungen insgesamt fünf Saisons in der Premier League vertreten, seit 2022 gehört er dem türkischen Geschäftsmann Acun Ilicali.
Mit ambitionierten Teams in der zweiten Liga hat Tim Walter in Deutschland bereits einige Erfahrungen gemacht. 2019 trainierte er ein halbes Jahr den VfB, der sich am Tag vor Heiligabend auf Platz drei liegend von Walter trennte und wenig später Pellegrino Matarazzo präsentierte – mit dem der Aufstieg letztlich gelang. Zwischen 2021 und Anfang 2024 hatte Walter beim Hamburger SV an der Seitenlinie das Sagen, verpasste den Sprung in die Bundesliga aber zweimal knapp. Unter anderem in der Relegation gegen den VfB.
Nun will er mit Hull die Kurve kriegen, wobei die Aufgaben nicht einfacher werden. Nach der Länderspielpause empfängt das Team an diesem Freitag (21 Uhr) im heimischen MKM-Stadium den Premier-League-Absteiger Sheffield United.