Die NFL London Games 2024 sind in vollem Gange. So schön die Erlebnisse vor und im Stadion sind – München und Frankfurt haben aus reiner Fan-Sicht als Ausrichter einen Vorteil. Ein Kommentar.
Aus London berichtet Kevin Obermaier
Eines gleich vorneweg: London war und ist großartig!
Niemand will der englischen Hauptstadt als Ausrichter von NFL-Spielen irgendetwas wegnehmen. Im Gegenteil: Sie ist seit 2007 eine Bereicherung für die National Football League.
2024 lockt London wieder Tausende Fans aus aller Welt auf die Insel, und nur die wenigsten würden wohl nicht gerne wiederkommen.
Doch der Vergleich mit München 2022 und Frankfurt 2023 muss von einem Deutschen, der das große Glück hatte, überall dabei sein zu dürfen, ja kommen.
Und, auch ohne die ganz dicke schwarz-rot-goldene Brille, lässt sich bedenkenlos sagen: Deutschland steht den London Games aus reiner Fan-Sicht in nichts nach!
Ja, 18 Jahre Erfahrung helfen den Organisatoren in der englischen Hauptstadt ohne Zweifel, die Abläufe vor und im Stadion – Tickets, Fan-Shop, Verpflegung – sind nahezu reibungslos. Gerade beim Debüt in München holperte es da an der ein oder anderen Stelle im Vergleich noch sehr. In Frankfurt indes schon gar nicht mehr so.
Was die deutschen Austragungsorte Tottenham voraushaben: Es gibt Platz. Viel mehr Platz.
20 Meter neben dem Eingang wohnt in München eben kein Herr Müller, der es nicht mag, wenn NFL-Fans den Ketchup ihre Bratwurst in der Hofeinfahrt verteilen. Und in Frankfurt fliegt der Ball bei der Quarterback-Challenge eben nicht in den Vorgarten von Frau Maier, wenn der Werfer oder die Werferin ein bisschen zu viel Kraft im Oberarm hatte.
Den logistischen Vorteil nutzen die deutschen Städte voll aus: Der Fan-Bereich mit seinen Imbissbuden, Football-Spielen, Tanzflächen und Sitzgelegenheiten war gigantisch, familienfreundlich, rundum gelungen.
In Tottenham fühlte man sich dagegen beim Gang um die Arena oft wie eine Sardine in der Büchse.
Dafür kann niemand etwas, die Stadien in England stehen eben oft in der Stadt – aber leider gehen dadurch Tailgating-Flair und Wohlfühlatmosphäre ein bisschen verloren.
Und damit vielleicht auch etwas die Begeisterung.
“Sweet Caroline” und “Country Roads” klangen in Deutschland noch ein bisschen enthusiastischer, inbrünstiger – auch wenn das Publikum in London im Durchschnitt sicher etwas textsicherer und in der Aussprache sauberer war.
Und in Frankfurt und vor allem in München waren schon einige Stunden vor Kickoff Tausende Fans vor dem Stadion, in London spielten die Marching Bands lange für eine überschaubare Anzahl an Zuhörern.
Vielleicht ist es in Deutschland, wo alles noch neu und frisch ist, leichter, das Kind in sich herauszulassen. Vielleicht machen 18 Jahre NFL in der Stadt das Erlebnis für Londoner irgendwann auch weniger besonders.
Es war jedenfalls nicht überraschend, dass die lautesten, buntesten und am lustigsten verkleideten Fans auch in Tottenham oft Deutsche waren.
Die England sicher auch großartig fanden. Die aber, noch sicherer, München im November jetzt schon kaum erwarten können.
Ein Fest, das sich vor den London Games 2024 ganz bestimmt nicht verstecken muss.