Aufregung auf der Insel
Ein Deutscher als Nationaltrainer? «Ein dunkler Tag für England»
Thomas Tuchel übernimmt den wichtigsten Job im Mutterland des Fussballs. Die Reaktionen? Sagen wirs mal so: nicht nur euphorisch.
Mit der Aussprache fängt es an. «Klopp» lässt sich auf Englisch ohne weiteres sagen. Dagegen sträubt sich die Zunge der Briten gegen «ch»-Laute jeglicher Art. Weshalb sich Thomas Tuchel, der neue Trainer der englischen Fussball-Nationalmannschaft, damit abfinden muss, im Fernsehen und im Radio der Insel «Mr Tukl» zu heissen. Aus seiner Zeit bei Chelsea wird er das wohl gewohnt sein. So lang ist es ja noch nicht her.
Unterdessen hat Tuchels Ernennung zum England-Coach eine wahre Flut von Kommentaren ausgelöst im Mutterland des Fussballs. Manche davon sind freundlich, und die meisten ausgewogen bis abwartend, was das Urteil betrifft. Andere sehen dagegen keinen Grund zu höflicher Zurückhaltung. Immerhin sei er, beschrieb ihn ein Kommentator am Mittwoch, «ein explosiver Typ, dem es gelungen ist, sich in jedem Job, den er hatte, mit seinen Oberen zu verkrachen». Niemand stifte so viel Uneinigkeit wie er.
Vielfach geht die Ablehnung aber noch einiges tiefer. Den meisten rechtskonservativen Blättern ist zutiefst zuwider, dass ein Nichtengländer – und noch dazu ein Deutscher! – nun das englische Team leiten soll. Der England-Manager müsse Engländer sein, erklärte der «Daily Telegraph»: «Nationalität ist überaus wichtig. Nicht auf unangenehme, auf ganz harmlose Art.»
Nicht dass es Fans in England gross stört, dass Sarina Wiegman, die Trainerin der Fussballteams der Frauen, Niederländerin ist. Aber bei den Männern spielt offenbar noch einiges anderes mit. Die «Daily Mail», die rechtsnationale Stimme des Brexit, stöhnt so über einen «dunklen Tag für England, nun, da der Job des Managers an einen Deutschen geht». Gareth Southgate, ob gut oder schlecht, sei zumindest «einer von uns» gewesen: «Jetzt sind wir das Gespött der ganzen Fussballwelt.»
Überall ist Tuchel jetzt auf Bildern in bayerischer Tracht, mit einem strammen Mass Bier in der Hand zu sehen. Einen türkischen Spieler, über den er einmal in Rage geraten sei, habe er ja schon zur Strafe ganz sadistisch «auf allen vieren übers Spielfeld kriechen lassen», klagte die Londoner «Sun» – wohl in Erinnerung an die Gräueltaten früherer deutscher Generationen. Ob er das nun auch mit Harry Kane vorhabe? Da hilft es wenig, dass Kane Tuchel diese Woche als «fantastischen Coach» gepriesen hat und Prinz William, der Präsident des englischen Fussballverbands, «Thomas» alles erdenklich Gute gewünscht hat.
Immerhin liess sich die «Sun» die Gelegenheit für ein Spässlein traditioneller Art nicht entgehen. Auf der Frontseite erschien sie am Mittwoch mit der fetten Überschrift «Fussball kommt nach Hause» – auf Deutsch. Die Übersetzung war mit einem Sternchen angefügt: «Football’s coming home», die nationale Parole. Na dann viel Vergnügen, Mr Tukl. Ob das gut geht?
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