Fußball-Fans sind beide nicht, der Herr Jakobo und die Mrs. Walton. Und dennoch wird am Sonntag am Anfang und Ende derselben Straße in Eggstätt beim EM-Finale in Berlin mitgefiebert. Eines ist klar: Ein Europameister kommt vom Hartsee.
Eggstätt – Die kleine Gemeinde am Hartsee hat gerade mal um die 3000 Einwohner. Darunter den Herrn Jakobo und die Mrs. Walton. Mit wem die Mehrheit der Eggstätter mitfiebert, ist nicht raus. Aber das „Eggstätter EM-Finale“ wird mit Spannung erwartet.
Der Herr Jakobo ist ein waschechter Eggstätter – und hat mindestens ein halbes kanarisches Herz. Alison Walton ist waschechte Londonerin mit großer Liebe zum Chiemgau. Die Tapasbar von Jakob Widemann – als solcher wurde der Herr Jakobo geboren – und der Laden mit Dekorativem und Schmackhaftem aus England von Alison Walton liegen am Anfang und am Ende der gleichen Straße. Ein guter Torhüter könnte den Ball von einem zum anderen schlagen.
Die beiden haben eines gemeinsam: Sie sind keine klassischen Fußball-Fans, die bei jedem Spiel vor dem Fernseher kleben. Aber am Sonntag (14. Juli) sind dann doch beide live dabei. „Unsere Satellitenschüssel ist zwar im Eimer, aber wir werden das Spiel streamen“, erzählt Alison Walton lachend. „Wir“ sind ihr deutscher Mann und die beiden Kinder – halbe Engländer.
Herr Jakobo baut weder in seiner Tapasbar noch in deren Garten einen Fernseher auf, das Public Viewing überlässt er dem Sportverein. „Ich habe aber einen sehr fußballafinen Kellner und deshalb läuft in der Küche Fußball“, verrät Jakobo, der mehrere Jahre auf Fuerteventura gelebt hat und dabei sein Herz an die Insel und die spanische Tapas-Kultur verlor.
Ihn hat der Erfolg der „Furia roja“, wie das spanische Nationalteam auch genannt wird, durchaus gefreut. Und natürlich guckt der Herr Jakobo Fußball, soweit es der Betrieb in der Tapasbar erlaubt. „Wer schauen will, darf gerne eine Stippvisite in der Küche machen“, bietet er an. Bei anderen Spielen werkelte die Küchentruppe schon um zehn bis 15 Leute herum, verrät er lachend. Sein Tipp fürs Finale: Spanien gewinnt 3:1.
Fans der „Three Lions“, die am Freitag oder Samstag bei Alison Walton noch auf die schnelle eine England-Fahne erbeuten wollen, haben Pech: „Bei mir gibt es englische Lebensmittel und Hübsches für den Haushalt. Ich kann höchstens mit einem Geschirrtuch mit dem Liniennetz der Tube (der Londoner U-Bahn, Anm.d.Red) dienen“, sagt Alison Walton amüsiert. „Die haben zu mies gespielt“, hat Alison Walton so ihre Zweifel, dass die „Three Lions“, so genannt wegen des Wappens auf der Brust, den zweiten großen Titel seit der Weltmeisterschaft 1966 holen. Aber sie kennt die Kampfbereitschaft der Mannschaft und tippt deswegen nur 2:1 für Spanien.