Der erste Familienurlaub nach fünf Jahren hat den Wandel gebracht: vom verzweifelten Ärger über die US Open hin zur Freude auf die Open Championship. Nach einer der bittersten Niederlagen seiner Golfkarriere in Pinehurst (North Carolina) gönnte sich Rory McIlroy mit Frau und Tochter einen Kurztrip. „Niemand hat sich in New York dafür interessiert, dass ich diese zwei kurzen Putts vorbei geschoben habe“, erzählte der 35 Jahre alte Profi.
Doch im Vorfeld der 152. Open Championship, auch bekannt als British Open in Troon (Schottland), ging es bei der Pressekonferenz des Nordiren nur darum, wie er sein Versagen und den Sieg des Amerikaner Bryson DeChambeau verarbeiten konnte.
„Es hat wahrscheinlich drei, vier, fünf Tage gedauert. Es ist schon komisch wie sich wie die Einstellung von ‚Ich will einen Monat lang keinen Golfplatz sehen’ zu ‚Ich kann es kaum erwarten, wieder zu spielen’, ändern kann“, erzählte der Weltranglistenzweite, der sich nach den übelsten Patzern sofort ohne Medienkontakt mit seinem Privatjet auf den Heimweg nach Jupiter (Florida) gemacht hatte.
Nachdem er am Sonntag nach einer dreiwöchigen Turnierpause bei der Genesis Scottish Open an der Ostküste den geteilten vierten Platz belegt hatte, blickt der Golfstar voller Zuversicht auf das letzte Major des Jahres: „Wenn diese Enttäuschung in Motivation umschlägt, ist es Zeit wieder loszulegen.“ Für ihn sind die knappen Niederlagen bei den vier Majors, ein Zeichen, dass er reif ist, nach zehn Jahren endlich wieder eine der vier wichtigsten Trophäen zu gewinnen.
Auch wenn der Branchenprimus Scottie Scheffler als der Top-Favorit dieser Open gilt, so setzen doch viele Fans auf „Rors“. Der Star, der insgesamt vierzig Profi-Siege erkämpfte, allein 26 davon auf der PGA Tour, hat im letzten Jahrzehnt bei den vier Saison-Höhepunkten immer ganz vorne mitgespielt. Seit seinem vierten und letzten Major-Sieg 2014 bei der PGA Championship landete er 21 Mal unter den Top Ten. Ganz besonders liegen ihm die Links Course in den Dünen des Vereinigten Königreichs.
Er gewann nicht nur vor zehn Jahren im Royal Liverpool Golf Club in Hoylake (England) den Claret Jug, er landete bei seinen letzten acht Teilnahmen sechs Mal unter den besten sechs. Doch er verspielte auch vor zwei Jahren seinen zweiten Erfolg beim ältesten Turnier der Welt. McIlroy erzählte, dass sein schwaches Agieren beim Finale auf den Grüns in St. Andrews, dem „Home of Golf“ bei der 150. Jubiläums-Ausgabe von The Open Championship für ihn noch bitterer gewesen sei, als der Einbruch auf den Schlusslöchern in Pinehurst. Damals habe er sogar in den Armen seiner amerikanischen Ehefrau Erica geweint.
Doch mit Hilfe des Sportpsychologen Bob Rotella und Aufmunterung per SMS von weltbekannten Hobbygolfern wie dem spanischen Tennisstar Rafael Nadal und der amerikanischen Basketballlegende Michael Jordan ist er in der Ansicht bestärkt worden, dass bittere Niederlagen zum Golf gehören: „Ich nehme im Jahr an 23 bis 25 Turnieren teil. Wenn man drei gewinnt, ist das Weltklasse,“ sagte McIlroy.
Dass ihn auch sein Idol und Freund Tiger Woods wieder für das nächste Major in Stimmung bringen wollte, erfuhr der Star aus Holywood erst in Troon. Er hatte seine Mobilnummer zwei Tage nach der US Open geändert, um nicht von Neugierigen belästigt zu werden. Bei seiner Pressekonferenz bat McIlroy dafür um Verzeihung, dass er dadurch die tröstende Nachricht seines Idols blockiert hatte.
„Ich habe Tiger vorhin getroffen. Es ist immer schön, wenn dein Held und der Mann, den du an deiner Schlafzimmerwand hattest, dir die Hand reicht und dich ermutigt.“ Der 48 Jahre alte Woods braucht trotz seiner schlechten Major-Bilanz in diesem Jahr keinen Zuspruch von Kollegen. Trotz der vielen Operation nach seinem schweren Autounfall vor drei Jahren behauptete der langjährige Primus bei seiner Pressekonferenz, dass er am Sonntag seinen 16. Major- und seinen vierten Open-Sieg erkämpfen könne.