Die Three Lions um Rekordstürmer Harry Kane gewinnen auf Schalke gegen Serbien.
Gelsenkirchen – Mit Jude Bellingham als “Kopfballungeheuer” hat Englands Jagd nach dem ersten Titel seit 58 Jahren erfolgreich begonnen.
Gelsenkirchen Als “Kopfballungeheuer” Jude Bellingham in der 86. Minute ausgewechselt wurde, machten die englischen Fans noch einmal richtig Lärm. Schließlich war es Jungstar von Real Madrid gewesen, der England fast im Alleingang beim EM-Auftakt gegen Serbien zum 1:0 (1:0)-Erfolg führte. Bellingham gab damit den Startschuss für die erste englische EURO-Party – und das trotz weniger Alkohol im Bier und einer insgesamt wenig überzeugenden Vorstellung.
Mit einem wuchtigen Kopfball brachte Bellingham, der mit Abstand beste Spieler auf dem Platz, den Weltmeister von 1966, der seitdem titellos ist, früh in Führung (13.) – und seine rund 25.000 Landsleute auf den Rängen sangen inbrünstig den Beatles-Oldie “Hey Jude”. Der 20-Jährige von Real Madrid brillierte zudem als Zehner, der sich auch nicht zu schade war, den Ball aus der eigenen Hälfte zu holen. Dem zehn Jahre älteren Harry Kane stahl er damit die Show.
“Wir wussten, dass es ein schwieriges Spiel werden würde. Insgesamt haben wir es gut gemacht, vor allem in der ersten Halbzeit”, sagte Kane: “Wir haben verdient gewonnen. In der Gruppenphase geht es zunächst darum, einfach durchzukommen.”
Der Bundesliga-Torschützenkönig schrieb in seinem 92. Länderspiel mal wieder englische Fußballgeschichte: Der Bayern-Star trägt bei seinem fünften großen Turnier zum vierten Mal die Kapitänsbinde – ebenso Rekord bei den Three Lions wie das zwölfte EM-Spiel und die 23. Partie bei einer Welt- oder Europameisterschaft.
Nach 44 Toren in 45 Pflichtspielen in der abgelaufenen Saison kam er in der ersten Hälfte allerdings nur zweimal an den Ball. In der 77. Minute prüfte Kane dann mit seiner ersten starken Aktion per Kopfball den serbischen Torwart Predrag Rajkovic, der den Ball an die Latte lenkte.
“Wir haben es uns verdient, als Favoriten angesehen zu werden”, hatte Kane vor dem Spiel gesagt. Zuletzt hatte mehrmals nicht viel gefehlt – bei der WM 2018 war im Halbfinale die Verlängerung Endstation, im Finale der EM 2021 das Elfmeterschießen. “Wir haben eine ganze Menge richtig und unser Land stolz gemacht”, meinte der Torjäger des FC Bayern im Rückblick und ergänzte: “Wir sind hier, um endgültig zu gewinnen.”
Der erste Schritt auf dem Weg zum Finale in Berlin begann zwar ganz nach Plan, doch beinahe wäre schnell der Ausgleich gefallen. Als die Serben nach dem Rückstand auch am Spiel teilnahmen, verzog Aleksandar Mitrovic nach einem Fehler von Alexander Trent-Arnold knapp (20.).
Danach verhielt sich das englische Team von Gareth Southgate, der auf viele feste Größen der Vergangenheit verzichtet hatte und Bellingham mit allen Freiheiten ausstattete, seltsam passiv. Der Außenseiter Serbien, der seit seiner Unabhängigkeit bei großen Turnieren noch nie die K.o.-Runde erreicht hat, hatte mehr vom Spiel und übte gerade in der Schlussphase enormen Druck auf das Tor von Jordan Pickford aus, der in der 82. Minute gegen Dusan Vlahovic retten musste.
Mehrere Stunden vor dem Anpfiff war es in der Gelsenkirchener Innenstadt zu Ausschreitungen zwischen beiden Fanlagern gekommen. Dies bestätigte ein Sprecher der Polizei, die Situation sei “unter Kontrolle”, sieben Serben seien in Gewahrsam genommen worden. Videos in den Sozialen Medien zeigten, dass dabei Stühle durch die Luft flogen, auch Scheiben sollen zu Bruch gegangen sein. Laut dem Guardian sollen ein Engländer und ein Polizist schwere Kopfverletzungen erlitten haben. Mehr Polizisten als bei Revierderbys waren im Einsatz, im Stadion gab es nur Bier mit 2,5 Prozent Alkohol.