13.41 Uhr: Die ukrainische Armee hat den Verlust ihres Vorpostens Wuhledar im Osten des Landes offiziell bestätigt. Das Oberkommando habe den Rückzug aus der lange umkämpften Stadt genehmigt, “um Personal und militärische Ausrüstung zu retten”, teilte die zuständige Armeegruppe auf ihrem Telegram-Kanal mit.
Militärbeobachter beider Seiten hatten schon am Dienstag berichtet, dass russische Truppen die Bergarbeiterstadt im Gebiet Donezk erobert hätten. Wuhledar war zwei Jahre lang eine stark befestigte Verteidigungsanlage der ukrainischen Armee. Russische Truppen hatten mehrmals und unter hohen Verlusten versucht, die Stadt einzunehmen. Zuletzt gelang ihnen ein Vorstoß an den Flanken, der die Verteidiger der Stadt fast eingekreist hätte.
12.12 Uhr: In der östlichen Ukraine verzeichnen die russischen Truppen immer mehr Erfolge. Das hat auch mit einer neuen Taktik zu tun, die die Soldaten vermehrt anwenden. Darüber berichtet die “Washington Post”. Im Rahmen ihrer neuen Vorgehensweise verkleinern die Kreml-Brigaden die Größe ihrer Gruppen. Zogen vor Monaten noch Gruppen von 10 bis 20 Soldaten los, um Verteidigungsanlagen zu stürmen, sind es jetzt dem Bericht zufolge nur noch vier. Das berichten russische Soldaten und Analysten.
Die Vorteile dieser Praxis: Die kleineren Gruppen schaffen es leichter, sich der Überwachung zu entziehen. Außerdem mache ihre Zerstreuung es schwieriger, sie mit Drohnen und Artillerie anzugreifen. Ganz freiwillig ziehen die russischen Truppen diese neue Taktik aber nicht durch. Die Attacken werden durch Nötigung und Androhung von Gewalt oder Gefängnis im Falle einer Verweigerung oder eines Rückzugs erzwungen.
Mittwoch, 02. Oktober, 10.45 Uhr: Die Ukraine hat nach inoffiziellen Berichten an ihrer Ostfront einen seit mehr als zwei Jahren verteidigten Vorposten verloren: die Bergarbeiterstadt Wuhledar. Nach mehrmonatigen Angriffen rückten russische Truppen in die stark zerstörte Stadt im Gebiet Donezk ein, die vor dem Krieg knapp 15.000 Einwohner hatte. Russische Militärblogs veröffentlichten Fotos von russischen Flaggen auf mehreren Gebäuden. Auch ukrainische Militärbeobachter markierten auf ihren Karten Wuhledar als russisch kontrolliert.
Die britische BBC hat mit ukrainischen Soldaten gesprochen, die den Rückzug aus Wuhledar bestätigten. Sie behaupten, dass sich ihre Truppen vor der endgültigen Eroberung Russlands aus der Stadt zurückgezogen haben. Ein Maschinengewehrschütze, der anonym bleiben wollte, sagte, dass die Ukrainer zu Fuß fliehen mussten, da es keine andere Möglichkeit gab, sie zu evakuieren. Mittlerweile hätten sie neue Stellungen eingenommen.
Viele seien verwundet und von russischen Drohnen und Artillerie getötet worden, als sie versuchten, die Stadt zu verlassen, sagte ein anderer Soldat, Roman. Zahlreiche andere Soldaten würden noch vermisst.
Von offizieller ukrainischer Seite wurde der Verlust der Stadt bislang nicht bestätigt. Präsident Wolodymyr Selenskyj widmete seine abendliche Videoansprache der ukrainischen Kooperation mit ausländischen Rüstungsfirmen. In Kiew findet derzeit zum zweiten Mal ein Forum der Verteidigungsindustrie mit Vertretern aus mehr als 30 Ländern und fast 300 ukrainischen und ausländischen Unternehmen statt.
13.42 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz zieht offenbar in Erwägung, nach zwei Jahren erstmals wieder mit dem russischen Präsidenten Wladmimir Putin zu telefonieren. Das berichtet die “Zeit” unter Berufung auf Regierungskreise. Im Vorfeld des G20-Treffens, das im November in Brasilien stattfindet, sei ein Gespräch angedacht. Angefragt sei dieses aber noch nicht.
Scholz wäre der erste Regierungschef der wichtigsten Unterstützer der Ukraine, der wieder direkt Kontakt zu Putin aufnimmt. Das bislang letzte Telefonat zwischen Scholz und und dem russischen Präsidenten fand im Dezember 2022 statt. Auch US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der ehemalige britische Regierungschef Boris Johnson sprachen zuletzt 2022 direkt mit Putin.
12.55 Uhr: Russische Truppen sind in der ostukrainischen Bergarbeiterstadt Wuhledar vorgedrungen. “Die Kämpfe finden im Stadtgebiet statt. Daher ist es schnell nicht mehr möglich, humanitäre Hilfe hinzubringen“, sagte der Gouverneur des Donezker Gebiets, Wadym Filaschkin, einem ukrainischen Nachrichtensender. Russische Einheiten werden schnell ins Stadtzentrum zurückgedrängt. Von den vor dem Krieg knapp 15.000 Einwohnern waren noch 107 im Stadtgebiet geblieben. Alle Kinder und Jugendlichen müssen rechtzeitig evakuiert werden.
Die Kleinstadt Wuhledar ist bereits seit 2022 Frontgebiet. Die russische Armee erlitt dort bei mehreren erfolglosen Vorstößen massive Verluste. Zuletzt gelang es den russischen Truppen aber in den vergangenen Tagen die zur Festung ausgebaute Stadt im Osten und Westen zu umgehen und mit einer Einschließung zu bedrohen. Militärbeobachter gehen von einer baldigen Eroberung von Wuhledar durch die russische Armee aus.
Parallel dazu meldete das russische Militär zwei weitere eroberte Ortschaften. Wyschnewe im Gebiet Charkiw an der Grenze zur Region Luhansk sei eingenommen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Im Bericht des ukrainischen Generalstabs hieß es jedoch, dass russische Angriffe in diesem Abschnitt abgewehrt wurden. Dazu ist nach russischen Angaben das Dorf Krutyj Jar im Donezker Gebiet unter russischer Kontrolle. Ukrainische Militärbeobachter kennzeichnen den Ort zwar bereits seit mehreren Tagen als russisch kontrolliert, jedoch dauern die Kämpfe dem ukrainischen Generalstab auch um den Ort weiter an.
Dienstag, 01. Oktober, 8.20 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach seiner Rückkehr aus den USA von seinen Landsleuten die Mobilisierung aller Kräfte zur Erreichung eines aus Kiewer Sicht gerechten Friedens gefordert. „Alles, was in diesem Herbst getan werden kann, alles, was wir erreichen können, müssen wir auch erreichen“, sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. Es gelte, den Druck auf Russland maximal zu erhöhen, um die Beendigung des Kriegs zu erzwingen.
Dazu sollen militärische und diplomatische Anstrengungen gebündelt werden. Es gehe darum, die in den USA getroffenen Vereinbarungen umzusetzen. „Jetzt ist es nötig, maximal zu arbeiten vor Ramstein“, sagte Selenskyj. Am 12. Oktober ist ein großes Treffen der Ukraine-Unterstützergruppe im rheinland-pfälzischen Ramstein geplant. Unter anderem wird dort US-Präsident Joe Biden erwartet.
Kiew hofft auf weitere Unterstützung seiner Partner, auch wenn Selenskyj die Zustimmung zu einer der ukrainischen Hauptforderungen, der Freigabe weitreichender Waffen für Schläge gegen Militärobjekte tief auf russischem Territorium, bei seiner US-Reise nicht erreicht hat. Für die Verwirklichung des von ihm Siegesplan genannten Konzepts erwarte er von den Partnern „konkrete Dinge“, sagte der ukrainische Staatschef dazu.
Der ehemalige US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Kurt Walker, stufte die US-Reise Selenskyjs daher als nicht besonders erfolgreich ein. Der Ukrainer sei mitten in den Wahlkampf hinein gekommen, sagte er in einem Interview des russischsprachigen Diensts der Deutschen Welle. Allerdings schloss Walker nicht aus, dass das Verbot an Kiew für den Einsatz der Waffen noch vor der US-Wahl fallen könnte.
20.58 Uhr: Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine mit Job in Deutschland ist auf 266.000 angewachsen. Das sei ein Plus von 71.000 bis Juli im Vergleich zum Vorjahr, sagte Scholz anlässlich einer Gesprächsrunde zum „Job-Turbo“ in Berlin. Bei den Menschen aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern seien es 704.000 in Beschäftigung, was zufällig ebenfalls ein Plus von 71.000 im Vergleich zum Vorjahr ausmache.
„Der Job-Turbo hat seit Oktober 2023 zu diesem Anstieg beigetragen“, sagte Scholz. Er wertete die Offensive von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als Erfolg. Scholz sprach von „schon“; er geht von weiteren Job-Vermittlungen aus. Zugleich könnten Regierung und weitere Beteiligte noch besser werden, mahnte der Kanzler.
Heil hatte das Programm aufgelegt, um Geflüchteten schneller einen Job zu vermitteln. Laut seinen Angaben vom Juli gingen im April 192.000 Ukrainerinnen und Ukrainer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. 48 000 waren geringfügig beschäftigt.
Schwerpunktmäßig will der Arbeitsminister mit dem „Job-Turbo“ geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer zügig in Jobs vermitteln, aber auch Menschen aus anderen Ländern. Es sollen möglichst nicht hauptsächlich reine Helferjobs sein. Im November hatte der Arbeitsminister eine Zahl von insgesamt 400.000 Geflüchteten genannt, die ihren Integrationskurs abgeschlossen hätten oder kurz davor seien und dann dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden.
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