ESDTT: England sucht den Titel-Trainer!
Gareth Southgate (53) ist nach fast acht Jahren in der Verantwortung als Nationaltrainer Englands zurückgetreten.
Seine Bilanz: Zwei EM-Endspiele (2021, 2024), Platz 4 bei der WM 2018 sowie Viertelfinale vier Jahre später in Katar. Für einen Titel – seit dem WM-Titel 1966 gab es für England bestenfalls Blech – hat es auch für ihn nicht gereicht.
Und sie haben bei der FA wirklich alles versucht. Sogar zwei ausländische Trainer (Sven-Göran Eriksson und Fabio Capello) durften sich im Mutterland des Fußballs versuchen.
Die wichtigste Frage: Wer kommt jetzt? Die FA sucht sogar per Stellenanzeige. Bis zum 2. August dürfen sich (männliche) Interessenten noch bewerben.
Die Auswahl ist groß. Deshalb hilft BILD Engländern beim Trainerscouting. Nur eins wollen wir direkt klarstellen: Julian Nagelsmann (36) bekommt ihr nicht. Den behalten wir.
Seit dem Aus von Fabio Capello (78) hat es England auf „heimische“ Trainer vertraut. Auf die Interimslösung Stuart Pearce (62/1 Spiel) folgten Roy Hodgson (76), Eintagsfliege Sam Allardyce (69) – stolperte über ein fingiertes Interview – und eben Southgate.
Das Problem: Seit Jahrzehnten werden die Spitzenklubs der Premier League fast ausschließlich von ausländischen Trainern betreut. 2024/25 haben nur drei Vereine (Newcastle, Everton, Wolves) einen englischen Trainer, drei weitere einen britischen Coach.
► Ganz oben auf der Liste der FA steht Eddie Howe (46). Dieser machte sich in England einen hervorragenden Namen bei seinen Stationen AFC Bournemouth, FC Burnley und Newcastle United, wo er seit November 2021 unter Vertrag steht. Problem: Sein einziger Titel bisher ist die Zweitliga-Meisterschaft 2015 mit Bournemouth. Er gilt dennoch als Top-Kandidat.
▶︎ Ohne Klub ist aktuell Graham Potter (49). Seit seinem Scheitern bei Chelsea im April 2023 ist er ohne Verein. Davor machte er sich bei Brighton & Hove Albion einen hervorragenden Namen.
England hat in den letzten Jahren reichlich Weltklasse-Fußballer gehabt. Ihr Problem: Als Trainer hat es keiner wirklich zu Weltruhm gebracht – zumindest bisher als Klub-Trainer.
▶︎ In Liverpool genießt Steven Gerrard (44) Legenden-Status! 504 Premier-League-Spiele, Champions-League-Sieger 2005. Seine Trainerkarriere: Meister 2021 mit Glasgow Rangers, gescheitert bei Aston Villa und seit Juli 2023 in Saudi-Arabien bei Al-Ettifaq. Wäre in jedem Fall ein Kandidat, mit dem sich die „rote“ Seite in Liverpool anfreunden könnte.
▶︎ Was Steven Gerrard für Liverpool ist, ist Frank Lampard (46) für Chelsea. Auch er gewann als Spieler die Champions League (2012 – Bayern-Fans erinnern sich) und holte dazu drei Meistertitel. Als Trainer ist sein Trophäenschrank leer. Dazu ist er seit Sommer 2023 arbeitslos. Aber: Er managte die Transfersperre auf Chelsea (2019-2021) sehr erfolgreich, hielt die „Blues“ dennoch im oberen Tabellendrittel. Wäre er einen Versuch wert?
▶︎ Die unwahrscheinlichste Variante unter den England-Ikonen wäre wohl Wayne Rooney (39). Er hat nach einigen erfolglosen Stationen (Derby, D.C. United, Birmingham) jüngst beim Zweitligisten Plymouth angeheuert. Trotz aller Verdienste für den englischen Fußball würde ihm eine Menge Skepsis entgegengebracht werden.
Ein weiteres Problem: Keiner dieser Kandidaten hat (natürlich) jemals einen Titel mit der Nationalmannschaft gewonnen. Das ist bei diesen Kandidaten ganz anders.
▶︎ Weltmeister 1998, Europameister 2000: Zinedine Zidane (52) hat nicht nur als Spieler beinahe alles erreicht. Als Trainer führte er Real Madrid zu drei Champions-League-Titeln. Gibt schlechtere Empfehlungen. Seine mangelhaften Englisch-Kenntnisse würde er mit seiner Aura wettmachen.
▶︎ Der Spanier Xavi (44) hat sogar noch einen EM-Titel mehr als Zidane. Das Mittelfeld-Genie war der Prototyp des modernen Sechsers. Nach drei Jahren hörte er im Sommer als Trainer beim FC Barcelona (Meister 2023) auf, wäre also frei. Auch für England?
Eigentlich können sich die englischen Fußball-Fans nur mit Jürgen Klopp (57) als deutschen Trainer der „Three Lions“ anfreunden. Der will aber sein „Sabbatical“ durchziehen, steht also nicht zur Verfügung. Im Gegensatz zu anderen deutschen Trainern.
▶︎ What about Thomas Tuchel (50), liebe Engländer? Der käme bei einer Anfrage unter Garantie ins Grübeln, auch wenn er sich grundsätzlich eher als Klub-Trainer sieht. So dachte aber auch Julian Nagelsmann mal. Doch der war schnell Feuer und Flamme für seine aktuelle Aufgabe als Bundestrainer. Angesichts der Möglichkeiten – England kann mit dem Kader sogar schlechten Fußball spielen – wäre dies eine reizvolle Aufgabe für Tuchel nach der Bayern-Episode.
▶︎ Die routinierte, deutsche Lösung wäre Jogi Löw (64). Der hat auch schon bewiesen, dass er Titel als Nationaltrainer gewinnen kann. Er führte Deutschland 2014 zum WM-Titel. Würde ihm dies auch 2026 mit England gelingen? Why not? Seit seinem Aus als Bundestrainer 2021 wartet er auf die „richtige Aufgabe“. Eine „richtigere Aufgabe“ für Löw gäbe es wohl nicht.
▶︎ Reichlich Erfahrung als Nationalcoach bringt auch Jürgen Klinsmann (59) mit. Der ehemalige „Bundes-Klinsi“ (2004-2006) ist dazu seit seiner Zeit bei Tottenham (1994/95, 1997/98) in England äußerst beliebt. Allerdings lief bei seinen Stationen in den USA (verpasste WM-Quali 2018) und Südkorea (nur Halbfinale beim Asien-Cup 2024) nicht alles rund.
Das hätte es seit Ewigkeiten nicht mehr gegeben: Ein Nationaltrainer, der gleichzeitig auch Klub-Trainer ist. Der letzte war Kevin Keegan (73), der von Februar bis Juni 1999 parallel zu seiner Tätigkeit als Nationaltrainer auch den FC Fulham coachte.
▶︎ Es wäre der perfekte Plan B zu Jürgen Klopp: Sein „liebster Feind“ Pep Guardiola (53). Dem Spanier müsste man aber wohl eine Doppel-Funktion als Klub-Trainer bei Manchester City gestatten. Schließlich werden ihn die „Skyblues“ nicht einfach so aus seinem Vertrag (läuft bis Sommer 2025) entlassen.
Es gibt Dinge, die nur schwer vorstellbar sind: Ein Österreicher trainiert die DFB-Auswahl, ein Portugiese trainiert Spanien, ein Schotte trainiert England. Aber das könnte für die FA eine ernsthafte Alternative sein.
▶︎ Im Sommer endete der Vertrag von David Moyes (61) bei West Ham United. Im Dezember 2019 hatte er zum zweiten Mal die „Hammers“ übernommen und nach Jahren im Fahrstuhl wieder in der Premier League etabliert. 2023 gewann er mit West Ham sogar die Conference League. Würde der englische Verband für ihn (erneut) über seinen Schatten springen?
Warum muss der neue England-Trainer eigentlich aus Europa kommen? In Südamerika wird ja bekanntlich auch recht erfolgreich (und schön) Fußball gespielt.
▶︎ Seine Titel-Allergie hat der Argentinier Mauricio Pochettino (52) inzwischen abgelegt. Mit Paris Saint-Germain wurde er in Frankreich Meister (2022) und Pokalsieger (2021). Den FC Chelsea führte er in der abgelaufenen Saison immerhin noch in die Europa League, förderte Talente wie Cole Palmer (22). Davor trainierte er den FC Southampton und Tottenham Hotspur.
Warum in die Ferne schweifen, wenn der Gute steht so nah? Auch beim englischen Verband arbeiten (natürlich) hochqualifizierte Trainer – wenn auch ohne den großen Namen.
▶︎ Ein möglicher Southgate-Nachfolger aus dem eigenen Stall wäre U21-Coach Lee Carsley (50). Der Ire (39 Länderspiele) war ein grundsolider Spieler (282 Premier-League-Spiele). Als Trainer ist er nun schon seit 2018 bei der FA tätig. Erfahrung als Klub-Trainer auf höchsten Niveau hat er allerdings nur als Co-Trainer. Nicht ausgeschlossen, dass er vielleicht doch zur A-Nationalmannschaft hochrückt – vielleicht aber nur als Assistent.
Wer die Wahl hat, hat manchmal auch die Qual. In Deutschland wissen wir nur zu gut, wie schwer es ist, aus vielen Kandidaten den richtigen zu finden. Good luck, England!