News zum Ukraine-Krieg: Selenskyj fordert Koalition wie im Fall Israel – um Lage radikal zu ändern
Der ukrainische Präsident Selenskyj wünscht sich eine starke Flugabwehr für sein Land, wie sie Israel hat. Die Ukraine verliert im Osten ihren Vorposten Wuhledar. Außerdem melden die Behörden Tote und Verletzte nach dem Angriff auf Belgorod. Alle Entwicklungen im Ticker.
Donnerstag, 03. Oktober, 09.29 Uhr: Bei ukrainischen Granatenangriffen auf das grenznahe russische Gebiet Belgorod sind Behördenangaben zufolge drei Zivilisten getötet und vierundzwanzig weitere verletzt worden. Unter den Verletzten waren laut dem regionalen Gesundheitsminister Andrej Ikonnikow auch zwei Kinder. Der Angriff am Mittwoch habe auf Wohngebiete gezielt, teilte der Minister laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass bei Telegram mit. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine klagen grenznahe Regionen in Russland über zunehmenden Beschuss aus dem Nachbarland. Die Zahl der Opfer und das Ausmaß der Schäden stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den von Moskau angerichteten Zerstörungen in der Ukraine.
22.02 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts der schwierigen militärischen Lage im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg vom Westen eine entschlossenere Hilfe nach dem Vorbild Israels gefordert. „Jedes Mal im Nahen Osten während der brutalen iranischen Angriffe sehen wir die Zusammenarbeit der internationalen Koalition“, sagte Selenskyj in seiner in Kiew veröffentlichten abendlichen Videoansprache. Er dankte allen Staaten, die dabei helfen, die ukrainische Flugabwehr zu stärken. Aber es sei mehr möglich.
„Und wir können eine noch größere Wirksamkeit erreichen. Wir können dem russischen Terror ein Ende setzen, indem wir Shahed-Drohnen abschießen, indem wir in Zusammenarbeit Raketen abschießen“, sagte Selenskyj mit Blick auf russische Angriffe auch nahe der Grenze von Nato-Mitglied Rumänien. Dort hätten die russischen Drohnen zivile Infrastruktur, einen Fährhafen, Lastwagen und eine Lagerhalle mit Getreide im Visier gehabt.
Es sei nötig, die Partner im Westen von jenen Schritten zu überzeugen, die die militärische Lage radikal und strategisch ändern können. Dafür brauche es Waffen mit großer Reichweite, sagte Selenskyj. Er fordert bereits seit Monaten vom Westen die Freigabe der Waffen für Angriffe auf Ziele weit im russischen Hinterland, um Moskau in dem Krieg zu schwächen. „Wir brauchen wirklich diese Entschlossenheit von unseren Partnern“, betonte er.
19.14 Uhr: Wie die ukrainische Zeitung „Kyiv Post“ berichtet, plant Russland das Programm zur Zwangseinberufung von Ukrainern in den besetzten Gebieten der ukrainischen Region Cherson weiter auszubauen. Die betroffenen Männer sollen demnach in Einheiten des russischen Südlichen Militärbezirks dienen.
Yuriy Sobolevskyi, der stellvertretende Vorsitzende des Regionalrats von Cherson, wies darauf hin, dass die einzige verlässliche Möglichkeit für die Ukrainer, der Wehrpflicht zu entgehen, darin bestehe, aus den besetzten Gebieten in Richtung EU oder andere sichere Regionen zu fliehen – allerdings nicht nach Russland.
13.41 Uhr: Die ukrainische Armee hat den Verlust ihres Vorpostens Wuhledar im Osten des Landes offiziell bestätigt. Das Oberkommando habe den Rückzug aus der lange umkämpften Stadt genehmigt, „um Personal und militärische Ausrüstung zu retten“, teilte die zuständige Armeegruppe auf ihrem Telegram-Kanal mit.
Militärbeobachter beider Seiten hatten schon am Dienstag berichtet, dass russische Truppen die Bergarbeiterstadt im Gebiet Donezk erobert hätten. Wuhledar war zwei Jahre lang eine stark befestigte Verteidigungsanlage der ukrainischen Armee. Russische Truppen hatten mehrmals und unter hohen Verlusten versucht, die Stadt einzunehmen. Zuletzt gelang ihnen ein Vorstoß an den Flanken, der die Verteidiger der Stadt fast eingekreist hätte.
12.12 Uhr: In der östlichen Ukraine verzeichnen die russischen Truppen immer mehr Erfolge. Das hat auch mit einer neuen Taktik zu tun, die die Soldaten vermehrt anwenden. Darüber berichtet die „Washington Post“. Im Rahmen ihrer neuen Vorgehensweise verkleinern die Kreml-Brigaden die Größe ihrer Gruppen. Zogen vor Monaten noch Gruppen von 10 bis 20 Soldaten los, um Verteidigungsanlagen zu stürmen, sind es jetzt dem Bericht zufolge nur noch vier. Das berichten russische Soldaten und Analysten.
Die Vorteile dieser Praxis: Die kleineren Gruppen schaffen es leichter, sich der Überwachung zu entziehen. Außerdem mache ihre Zerstreuung es schwieriger, sie mit Drohnen und Artillerie anzugreifen. Ganz freiwillig ziehen die russischen Truppen diese neue Taktik aber nicht durch. Die Attacken werden durch Nötigung und Androhung von Gewalt oder Gefängnis im Falle einer Verweigerung oder eines Rückzugs erzwungen.
Mittwoch, 02. Oktober, 10.45 Uhr: Die Ukraine hat nach inoffiziellen Berichten an ihrer Ostfront einen seit mehr als zwei Jahren verteidigten Vorposten verloren: die Bergarbeiterstadt Wuhledar. Nach mehrmonatigen Angriffen rückten russische Truppen in die stark zerstörte Stadt im Gebiet Donezk ein, die vor dem Krieg knapp 15.000 Einwohner hatte. Russische Militärblogs veröffentlichten Fotos von russischen Flaggen auf mehreren Gebäuden. Auch ukrainische Militärbeobachter markierten auf ihren Karten Wuhledar als russisch kontrolliert.
Die britische BBC hat mit ukrainischen Soldaten gesprochen, die den Rückzug aus Wuhledar bestätigten. Sie behaupten, dass sich ihre Truppen vor der endgültigen Eroberung Russlands aus der Stadt zurückgezogen haben. Ein Maschinengewehrschütze, der anonym bleiben wollte, sagte, dass die Ukrainer zu Fuß fliehen mussten, da es keine andere Möglichkeit gab, sie zu evakuieren. Mittlerweile hätten sie neue Stellungen eingenommen.
Viele seien verwundet und von russischen Drohnen und Artillerie getötet worden, als sie versuchten, die Stadt zu verlassen, sagte ein anderer Soldat, Roman. Zahlreiche andere Soldaten würden noch vermisst.
Von offizieller ukrainischer Seite wurde der Verlust der Stadt bislang nicht bestätigt. Präsident Wolodymyr Selenskyj widmete seine abendliche Videoansprache der ukrainischen Kooperation mit ausländischen Rüstungsfirmen. In Kiew findet derzeit zum zweiten Mal ein Forum der Verteidigungsindustrie mit Vertretern aus mehr als 30 Ländern und fast 300 ukrainischen und ausländischen Unternehmen statt.
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