Der 5. Februar 1953 war in Großbritannien ein wichtiger Tag: Endlich gab es wieder Zucker, so viel man wollte. 13 Jahre lang – seit 1940 – war Zucker wegen des Zweiten Weltkriegs streng rationiert worden, auf durchschnittlich 40 Gramm pro Tag. Eigentlich eine gute Menge, sie entspricht der aktuellen Ernährungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO, die höchstens 50 Gramm pro Tag empfiehlt.
Doch nach dem Ende der Rationierung verdoppelte sich der Zuckerkonsum in Großbritannien innerhalb eines Jahres. Und das macht sich in der Gesundheit der Britinnen und Briten offenbar bis heute deutlich bemerkbar, wie die US-Ökonomen Paul Gertler und Tadeja Gracner in ihrer gerade veröffentlichten Studie herausfanden [externer Link].
Die Forschenden wollten wissen, welchen Einfluss der Konsum von Zucker auf die heute etwa 70-Jährigen während ihrer ersten 1.000 Tage hatte – also während der gesamten Schwangerschaft ihrer Mutter und der ersten beiden Lebensjahre.
Dazu untersuchten sie die Gesundheitsdaten von mehr als 60.000 Erwachsenen der Jahrgänge 1952 bis 1956. Die schlagartige Änderung des Zuckerkonsums der Bevölkerung im Februar 1953 lieferte den Wissenschaftlern einmalige Vorher-Nachher-Daten. Sie konnten Personen untersuchen, die in den ersten 1.000 Tagen nur wenig Zucker bekamen, Personen, die ganz ohne Zuckerrationierung aufwuchsen und Personen, deren Mütter noch während der Zuckerrationierung schwanger waren, die aber als Kleinkinder bereits mehr Zucker bekamen.
Die Auswertung ergab, dass die Briten und Britinnen, deren Mütter in der Schwangerschaft nur wenig Zucker konsumieren konnten und die auch als Kleinkinder während der Zuckerrationierung lebten, heute deutlich gesünder sind als diejenigen, deren Mütter erst nach der Rationierung schwanger wurden. Letztere leiden deutlich häufiger unter entzündlichen Krankheiten, Diabetes und Arthritis, haben einen höheren Cholesterinspiegel und höheres Gewicht. Wenig Zucker in der Schwangerschaft und in den ersten beiden Lebensjahren senkt demnach das langfristige Diabetesrisiko um etwa 35 Prozent, das Bluthochdruckrisiko um etwa 20 Prozent.