Keine Verschiebung des Brexit, kein zweites Referendum, keine enge Bindung an die EU, aber auch keinen No-Deal, es ist einer dieser Abende im Unterhaus, der am nächsten Tag für viel Gesprächsstoff bei den Briten hier im Land sorgt.
Im English Shop in der Kölner Innenstadt wird schon seit Wochen über das Hin und Her gesprochen. In dem Laden in einer Nebenstraße unweit der Haupteinkaufsmeile gibt es englische Lebensmittel wie die beliebte bittere Orangenmarmelade, Tee, Chips, püriertes Gemüse oder Obst, bekannt als Relish oder auch den Brotaufstrichklassiker Marmite. Außerdem ein paar Bücher, britische Zeitschriften oder Tassen und Taschen mit dem Konterfei der Queen.
“Eine Umstellung und nicht ein Ende”
“Wir betrachten das, was wir hier machen als ein Souvenirgeschäft. Die Leute, die hierhin kommen, ob Anglophone oder Briten sehnen sich nach ein Stück Heimat”, erzählt Alexander McWhinney, Chef und Gründer des English Shops. Er ist selber Schotte, hat früher als Ingenieur bei Bosch gearbeitet. Als er von den Fahrten nach Hause ständig britische Produkte für Freunde mitbringen sollte, erwuchs daraus irgendwann sein Geschäftsmodell – der Handel mit britischen Produkten.
Wenn es nach ihm ginge, würde Großbritannien nicht aus der EU austreten. Obwohl es ihn und seine Geschäfte unmittelbar betrifft, äußert er keine Sorge: “Die Verbindung wird nicht gekappt und die Insel wird auch nicht versinken. Die Briten werden weiterhin da sein und die EU wird weiterhin mit Großbritannien handeln, Handel treiben wollen und umgekehrt auch. Es ist eine Umstellung, wenn sie überhaupt kommt, ist es eine Umstellung und nicht ein Ende.”
Vorgesorgt hat Alexander McWhinney trotzdem, falls es zu den befürchteten Staus an der Grenze und Lieferengpässen kommen sollte. “Wir haben immer für zwei Wochen Ware auf Lager, jetzt werden wir es auf vier erhöhen und ich gehe davon aus, dass etwaige Störungen sehr schnell gelöst werden, wenn sie überhaupt vorkommen.
Ungewissheit zum Greifen
Von seinen Kunden sind nicht alle so optimistisch. Es könnte wegen der Zollabwicklung haken oder der bürokratische Mehraufwand könnte sich in den Preisen niederschlagen, befürchtet diese Britin: “The cost of it, being even more expensive than now. Maybe we wouldn’t come so often, maybe we wouldn’t buy so much.” Vielleicht kämen sie und ihr Mann nicht mehr so häufig oder sie kaufen weniger. Das würde sie schon sehr bedauern. Ihr Mann liebt zum Beispiel den englischen Porridge.
Es gibt nur den richtigen Scotts Porridge hier, sonst kriegst Du den in ganz Köln nicht. – Haben Sie Sorge, dass sie nach dem März ein paar Wochen auf die Sachen verzichten müssen? – könnte passieren, dass die dann im Hafen stecken bleiben.
Dieses Nicht-Wissen, was passiert, wie wird es weitergehen, ist auch im Laden greifbar. Ein Kunde ist inzwischen so genervt von dem Hin und Her, dass er sich am liebsten gar nicht mehr damit beschäftigen möchte. “Das ist schon 12 Mal hin und her gesprungen, langsam gucke ich da auch keine Nachrichten mehr, weil bis März wird sich noch so viel ändern, also… (lacht).“
“Lass es jetzt vorbei sein”
Dass Alexander McWhinney so ungerührt zuversichtlich ist, mag auch damit zusammenhängen, dass ihm der drohende ungeregelte Brexit zurzeit sogar noch mehr Geschäfte beschert. In seinem Laden verkauft er auch australische Produkte und verfügt daher über Erfahrungen im Umgang mit Ländern außerhalb der EU. Und die über die vielen Jahre aufgebauten Kontakte zu Großbritannien sind jetzt bei mittelständischen Unternehmen gefragt. Am Nachmittag hat er einen Termin mit einem deutschen Tierfutter-Hersteller, der Hilfe braucht um nach dem 29. März noch seine Ware weiter nach England zu bekommen. Er lächelt.
“Ich denke sehr viele sehen es sehr viel schwarzer. Die Leute, mit denen ich spreche, z.B. meine Familie, die sind sehr resigniert und die sagen ich will nur das es vorbei ist, lass es jetzt vorbei sein.”