Tuchels neuer Job
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Wenn nichts mehr schiefgeht, wird Thomas Tuchel heute aller Wahrscheinlichkeit nach als neuer Nationaltrainer Englands vorgestellt. Wir klären die wichtigsten Fragen – vor allem, wie Tuchel in England wohl empfangen wird.
Im Eiltempo haben sich
Schon heute wird bei einer Pressekonferenz der FA-Spitze die Bestätigung des Deals mit dem 51-Jährigen erwartet. Doch eine Reihe von Fragen ist noch offen – unter anderem, wie die gefürchtete englische Presse auf die Verpflichtung von Tuchel reagiert..
Dem Vernehmen nach beginnt der frühere Trainer von Borussia Dortmund und dem FC Bayern sein neues Abenteuer erst zum Jahreswechsel. Die letzten beiden Nations-League-Spiele in Griechenland und gegen Irland Mitte November sollen die Three Lions noch unter Interimstrainer Lee Carsley absolvieren. Carsley hatte nach dem Rücktritt von Gareth Southgate im Anschluss an das verlorene EM-Finale gegen Spanien zunächst den Job übernommen, konnte aber nicht überzeugen. Nach dem peinlichen 1:2 gegen Griechenland in der Vorwoche intensivierte die Verbandsspitze wohl ihr Werben um Tuchel.
Zunächst ist das Arbeitspapier wohl nur bis zur WM 2026 datiert, wie unter anderem Sky berichtet. Beim Turnier in den USA, Kanada und Mexiko mit erstmals 48 Teilnehmern hofft England wieder einmal auf den ersten großen Titel seit dem Triumph bei der Heim-Weltmeisterschaft 1966. Ein verlockendes Ziel dürfte für Tuchel aber auch die EM 2028 sein, bei der England Mitgastgeber ist. Für den prestigeträchtigen Job im Mutterland des Fußballs soll der Coach bereit sein, beim Gehalt im Vergleich zu seinen jüngsten Stationen in München, beim FC Chelsea und Paris Saint-Germain deutliche Abstriche zu machen.
Eigentlich hatte Tuchel im März 2023 als Nachfolger von Julian Nagelsmann in München einen Kontrakt bis 30. Juni 2025 unterschrieben. Schon vor dem Ende der turbulenten und letztlich titellosen Saison 2023/24 einigten sich beide Seiten jedoch darauf, die Zusammenarbeit ein Jahr früher zu beenden. Eine Ablöse werde der FC Bayern trotz des noch gültigen Vertrags mit Tuchel nicht vom englischen Verband verlangen, berichten Medien.
Es wird erwartet, dass Tuchel seinen Vertrauten Anthony Barry als Co-Trainer mit zum englischen Nationalteam bringen will. Mit dem 38-Jährigen hatte er schon beim FC Chelsea zusammengearbeitet und ihn später als seine rechte Hand auch nach München geholt. Der Mann aus Liverpool war bereits Assistenztrainer bei der irischen, belgischen und portugiesischen Nationalmannschaft.
Der gebürtige Krumbacher wäre nach Sven-Göran Eriksson (2000 bis 2006) und dem Italiener Fabio Capello (2008 bis 2012) der dritte Ausländer im Amt des englischen Nationaltrainers. Als Trainer aus dem Land des langjährigen Fußball-Erzrivalen dürfte Tuchel auf der Insel zunächst verhalten bis skeptisch begrüßt werden. “Ich wollte, dass ein Engländer England trainiert”, sagte etwa der langjährige Premier-League-Coach Harry Redknapp (77) Sky.
Und auch ein Teil der englischen Presse gibt Tuchel schon mal einen Vorgeschmack auf seine anstehende Amtszeit. Die konservative “Daily Mail” wütet: “England muss bis zum letzten Mann im Trikot englisch sein. Wir brauchen keinen Thomas Tuchel, sondern einen Patrioten, für den das Land an erster, zweiter und dritter Stelle steht. (…) Der Trainer sollte jemand sein, der in der Fußballkultur dieses Landes geboren und aufgewachsen ist, jemand, der mit den besten und schlechtesten Eigenschaften unseres Landes vertraut ist.” Der “Mirror” hat an einem anderen Fakt zu knabbern: “Das bedeutet, dass die Nationalmannschaft von einem Trainer des größten Rivalen Englands geleitet wird, da zum ersten Mal ein Deutscher das Kommando übernimmt.” Auch so mancher Fan von ihnen ließ in den sozialen Medien seine Enttäuschung erkennen, dass Englands Verband nicht Pep Guardiola gewinnen konnte.
Es gibt jedoch auch Stimmen, die Tuchel herzlich willkommen heißen. “The Sun”, die eigentlich nicht als besonders gemäßigt bekannt ist, schreibt fast schon ein Loblied auf Tuchel: “Thomas Tuchel besitzt alle Voraussetzungen, um ein typischer englischer Trainer zu werden. Taktisches Geschick, Tatkraft, Energie, Erfahrung – und ein verworrenes Liebesleben. Der englische Fußball sollte den explosivsten, dynamischsten, charismatischsten und unmöglich groß und schlaksigsten Trainer, der je in der Premier League für Furore gesorgt hat, wieder willkommen heißen.”
Und “The Independent” stellt vor allem Tuchels taktisches Geschick in den Mittelpunkt: “Der Deutsche ist in der Lage, eine ausgefeilte moderne Taktik mit wettkampftauglichem Pragmatismus zu verbinden und kennt viele der Spieler aus seiner Zeit bei Chelsea.”
Im englischen Nationalteam selbst hat Tuchel in jedem Fall einen starken Fürsprecher. Sein früherer Bayern-Schützling und Three-Lions-Kapitän Harry Kane sagt über Tuchel: “Fantastischer Trainer, fantastischer Mensch”. Und eine der immer noch stärksten Stimmen im englischen Fußball, Ex-Nationalspieler Gary Lineker (“… und am Ende gewinnen die Deutschen”) witzelt im Podcast “The rest is football” über die Tatsache, dass in Tuchel das erste Mal ein Deutscher England trainiert: “Wenn du sie nicht besiegen kannst, nimm’ sie unter Vertrag. Und auch von Ex-City-Spieler Micah Richards gibt es im Podcast großes Lob für Tuchel: “Er ist ein überragender Trainer. Tuchel ist ein Gewinner. Er könnte den Unterschied machen zwischen gewinnen und verlieren.”
Woran sich Tuchel in jedem Fall schon mal gewöhnen kann: Als England Nationaltrainer steht er vermutlich sogar noch mehr unter Beobachtung, als in seiner Zeit als Bayern-Trainer. (dpa/bearbeitet von ska)
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