England hat am Mittwoch (10.07.24) mit einer deutlichen Leistungssteigerung gegen die Niederlande das Finalticket für Sonntag gegen Spanien gebucht. Die “Three Lions” siegten knapp mit 2:1 (1:1).
Xavi Simons brachte die Niederlande mit einem Distanzschuss früh in Führung (8.), England kam durch einen sicher verwandelten Foulelfmeter (18.) von Harry Kane zum Ausgleich. Das eingewechselte Duo Cole Palmer und Ollie Watkins brachte England auf die Siegerstraße, als Watkins ein Zuspiel Palmers zum umjubelten Sieg für England verwertete (90.).
“Wir haben Geschichte geschrieben!”, jubelte Kane, “ich bin so stolz auf alle, auf die Spieler, auf die ganze Gruppe. Es war bisher so ein schwieriges Turnier für uns.” “Auf diesen Moment habe ich wochenlang gewartet”, sagte der Torschütze Watkins am ARD-Mikrofon, “ich bin so dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe.” Watkins hatte in den fünf Partien der Engländer vor dem Halbfinale nur 21 Einsatzminuten. “Das ist Schmerz pur”, sagte Elftal-Kapitän Virgil van Dijk zur Sportschau, “aber das muss man akzeptieren. Wenn an als Spieler eins fängt, dann tut das sehr weh.” Und der Liverpooler Abwehrchef fügte hinzu: “Ich brauche jetzt eine Pause. Ich muss nachdenken, was dieses Jahr alles war.”
“Mit unserer ganzen Familie gratulieren meine Frau und ich Ihnen herzlich zum Erreichen des Endspiels der Europameisterschaft und senden Ihnen unsere besten Wünsche für das Spiel am Sonntag”, schrieb der britische König Charles III. in einer Mitteilung an die Three Lions. Und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: “Wenn ich Sie ermutigen darf, den Sieg zu erringen, bevor ein Wundertor in letzter Minute oder ein weiteres Elfmeterdrama nötig wird, bin ich mir sicher, dass die Belastungen für den kollektiven Puls und Blutdruck der Nation erheblich gemildert würden”, schrieb Charles weiter, “viel Glück, England”.
Die Niederlande begannen mit viel Dampf und Tordrang. Zuerst geriet ein Pass auf Donyell Malen noch zu kurz (4.). Aber kurze Zeit später zappelte der Ball zum ersten Mal im englischen Netz: Nach einer rustikalen, aber fairen Balleroberung von Xavi gegen Declan Rice im Mittelfeld zog der Leipziger aus Tor zu und zog aus gut 20 Metern mit rechts ab. Der Ball flog etwas verdeckt aufs Tor, Jonathan Pickford im Kasten der Briten riss noch eine Faust hoch, geriet aber etwas in Rücklage und hatte keine Chance mehr, das Geschoss zu parieren.
Die Antwort der Engländer ließ nicht lange auf sich warten: Als Harry Kane in der 17. Minute aus Mittelstürmerposition aus Tor schoss, kam Denzel Dumfries mit seinem fast gestreckte Bein einen Tick zu spät, so dass Kane unter dessen Sohle trat. Der deutsche Unparteiische Felix Zwayer sah sich die Szene auf dem TV-Monitor am Spielfeldrand an und entschied schnell auf Foulelfmeter. Der Gefoulte trat selber an und verwandelte sicher in seiner Lieblingsecke unten links.
Jetzt waren die “Three Lions” endgültig im Spiel – und mit deutlich mehr Spielfreude als in den fünf Partien mit englischer Beteiligung bei der dieser EM zuvor. Beweis: Kobbie Mainoo nahm in der Vorwärtsbewegung der Engländer das Tempo aus der Partie und stellte den Fuß auf den Ball. Phil Foden lief derweil halbrechts in Position, bekam von Mainoo den Ball mit höchster Präzision in den Fuß gespielt. Kurzes Dribbling, dann der Abschluss mit der Picke. Dumfries kratzte den Ball von der Linie und machte in dieser Situation sein Elfmeter-Foul wieder wett.
Die Niederlande bei denen der bis dahin unauffällige Memphis Depay mit einer Adduktorenverletzung von Platz musste, brauchten eine Weile, um sich die nächste Torchance zu erarbeiten. Und wieder war Dumfries im Mittelpunkt: Eine Ecke von rechts nahm er mit dem Kopf ab, traf aber nur die Latte (29.).
Ähnliches im Gegenzug auf der Gegenseite: Foden schnibbelte den Ball aus 18 Metern aus halbrechter Position aufs Tor: Außenpfosten!
England dominierte die Partie bis zur Pause, erarbeitete sich 65 % Ballbesitz und zeigte Topwerte in der Passquote (91 %) und gewann zwei Drittel der Zweikämpfe.
Das “Spielbild” änderte sich auch nach dem Seitenwechsel nicht wesentlich. Zwar machte es die Hereinnahme von Stürmer Wout Weghorst den Engländern schwerer, sich bis zum gegnerischen Strafraum durchzuspielen. Die Überlegenheit des Teams von Gareth Southgate hatte aber weiter Bestand.
Doch offensiv kam von den Niederlanden so gut wie nichts mehr. Zunehmend liefen Spieler und Pässe bei der “Elftal” ins Leere. Allerdings hatte England Glück, dass nach einem scharfen Freistoß aus dem rechten Halbfeld der Ball nach dem Zweikampf von Nathan Ake und Kyle Walker genau auf Pickford flog und nicht im Tor einschlug.
Das Team um Kapitän Virgil van Dijk legte Mitte des zweiten Spielabschnitts wieder die berühmte “Schippe” nach. Nach einem Zuspiel von dem bis dahin völlig unauffälligen Gakpo wollte erneut Xavi volley abnehmen, erwischte den Ball aber nicht richtig. Dafür “traf” Bukayo Saka für England, Walker stand aber vor dem Tor im Abseits.
Die Partie war nun in den letzten zehn Minuten komplett offen. Dann aber wurde der eingewechselte Ollie Watkins perfekt rechts im Strafraum von Cole Palmer bedient – Watkins drehte sich und zog unwiderstehlich mit rechts in den langen Winkel ab. England jubelte.
Die “Three Lions” treffen im Finale also auf Spanien, das am Dienstag Frankreich bezwungen hatte. Das Endspiel wird um 21 Uhr angepfiffen, das Erste und die Sportschau übertragen das Spiel im TV, im Audiostream und im Liveticker.